05.08.2018, Estadio Pensativo, Liga Nacional Guatemala

Antigua GFC – C.S.D. Municipal 1:0

Drumherum

Antigua ist einer der touristischen Hotspots im mittelamerikanischen Guatemala. Wer sich über die Stadt erkundigen möchte, findet hier Lisas Bericht: Antigua – Vulkane und Farbrausch im Hochland Guatemalas. Grund genug, um sich folgende Frage zu stellen: Gibt es hier ein Stadion? Ja, Antigua besitzt ein Stadion, das Estadio Pensativo, und einen recht erfolgreichen Verein noch dazu. Antigua GFC konnte in den vergangenen Jahre dreimal die Apertura gewinnen. Zur Info: In einigen Länder Lateinamerikas wird die Saison in die Apertura und die Clausura geteilt. Jede Sektion hat demnach ihren eigenen Titelträger. So als würde man den deutschen Herbstmeister auch tatsächlich küren. Aber auch der Gast aus Guatemala-Stadt muss sich hier nicht verstecken. Immerhin teilt sich C.S.D. Municipal den Rekordmeistertitel mit einem lokalen Rivalen.

Die höchste Spielklasse Guatemalas beherbergt übrigens zwölf Mannschaften. Mehr Details über die Liga Nacional gibt es auf soccerway.com.

Wie kommt man zum Estadio Pensativo?

Man kann das Stadion sehr gut zu Fuß erreichen. Vom zentralen Platz in Antigua sind es ca. 15 – 20 Minuten. Auf dem Weg trifft man dann auf Einheimische in Grün, denen man folgen kann. Auch Polizisten geben gerne Auskunft. Das Estadio Pensativo hat eine Kapazität für 10.000 Zuschauer. Wir haben einen Spitzenspiel besucht und es waren ca. 7.500 Zuschauer anwesend. Daher sollte man sich nicht allzu großen Stress machen.

Schöner Ausblick vom Estadio Pensativo
Schöner Ausblick vom Estadio Pensativo

Wo habe ich die Tickets gekauft?

Tickets gibt es direkt am Stadion. Bevor man zu den Verkaufsständen kommt, muss man eine Sicherheitskontrolle überstehen. Alkohol wird übrigens keiner verkauft. Die Eintrittskarte für den normalen Bereich kostet 35 Quetzals, das sind ca. 4 Euro. Im Großen und Ganzen wird wohl auch nur zwischen überdachter Haupttribüne und dem Rest unterschieden. Die Platzwahl ist sowas von frei.

Vor dem Spiel

Wir nehmen in Höhe des Strafraumecks auf den Betonstufen Platz. Wenige Minuten später marschieren die Antigua-Ultras ein und platzieren sich wenige Meter neben uns. Verschiedene Trommeln, Schwenkfahnen und eine Zaunfahne nennen sie ihr Eigen und beginnen sogleich mit dem typisch südamerikanischen Rhythmus. Der Zaun, der das Spielfeld ringsrum umgibt, ist an vielen Stellen mit Stacheldraht versehen. Es wirkt so, als müsse man manchmal die Protagonisten auf dem Rasen vor den Leuten auf den Rängen schützen. Nun ja, wir befinden uns in einem Land, in dem u.a. Apotheken, Fast-Food-Ketten und Parkplätze von Sicherheitsleuten mit Shotguns bewacht werden… Als die Mannschaften einlaufen, wird von unseren benachbarten Ultras erstmal eine Rauchbombe gezündet. Stilecht in grün. Kurz vor dem Anpfiff wird dann noch die Nationalhymne gespielt und viele Zuschauer setzen ihr Kappe ab und singen mit.

Einzug der Antigua-Ultras
Einzug der Antigua-Ultras

Während des Spiels

Antigua beginnt schwungvoll und zeigt sogleich, wer hier das Sagen hat. Municipal wirkt beeindruckt und kann sich kaum konstruktiv befreien. Die Gastgeber überspielen mehrmals die Dreierkette der rotgekleideten Gäste. Der Führungstreffer liegt in der Luft, doch mehr als ein paar ungenaue Abschlüsse und ein paar Ecken springen dabei nicht heraus. Überraschenderweise versucht Antigua durch Kombinationen und direktes Passspiel in die Schnittstellen zum Erfolg zu kommen. Fiel mir doch bei den Spielen in Brasilien und Kolumbien die Ballverliebtheit der Offensivkräfte auf. Durch unseren Platz auf Höhe der Strafraumlinie haben wir einen recht guten Blick auf die Abseitspositionen der grün-weißen Angreifer, die aber vom Schiedsrichter-Assistenten konsequent ignoriert werden. Mir scheint, ich habe die perfekte Liga für Mo Idrissou gefunden.

Es ist 11:00 Uhr mittags, es ist drückend und wir befinden uns auf über 1.500 Meter Höhe. Für uns also mehr als verständlich, dass nach einer guten halben Stunde das Spieltempo verflacht. In Guatemala weiß man die Magie einer eingesprungenen Grätsche noch zu schätzen. Mit zunehmender Spieldauer und abnehmender Kondition wird diese immer häufiger das Mittel der Wahl. Ich analysiere die Trainerbänke und versuche Maik Franz als Defensiv-Coach ausfindig zu machen: Fehlanzeige. Von Municipal kommt offensiv fast gar nichts. Offensichtlich wurde der Konter als taktisches Mittel auserkoren. Doch mehr als ein paar Florian-Dick-Gedächtnis-Flanken zur gegenüberliegenden Eckfahne sollten nicht gelingen. So geht es torlos in die Halbzeit, in der wir von einer lokalen Tanzgruppe im Cheerleader-Format unterhalten werden. Außerdem werden Werbegeschenke in Form von Fußbällen auf die Tribünen geschossen. Einer der Marketing-Mitarbeiter haut das Ding direkt über alle Köpfe hinweg aus dem Stadion. Oha, Axel Bellinghausen ist wohl auch da.

Zu Beginn der zweiten 45 Minuten passiert dann fast das Unglaubliche: Municipal erspielt sich eine ausgezeichnete Schussposition. Doch der Abschluss kommt ohne Druck direkt aufs Tor. Mein erster Jugendtrainer „Guscht“ Baumann würde sagen „ä Brezel“. Das war es dann aber auch mit dem Offensivfeuerwerk der Gäste und beiden Mannschaften möchte kaum noch etwas gelingen. Einzig die Grätschen werden wilder und es liegen zunehmend mehr Leute auf dem Rasen. Wenn Chancen erspielt werden, dann von Antigua, was klar die bessere Mannschaft ist. Ein kleines Highlight ergibt sich dann doch. Ein Gästespieler beschwert sich beim Schiedsrichter und erhält dafür nicht etwa die Gelbe Karte. Nein, er wird mehrere Augenblicke konsequent vom Unparteiischen verfolgt und bepöbelt. Überragende Aktion und eventuell ist der Stacheldraht ja zum Schutz der Zuschauer vor dem Referee gedacht?

Es sind nur noch wenige Minuten zu spielen und die benachbarten Ultras zünden noch schnell eine grüne Rauchbombe. Schließlich wollen die Jungs nicht mit vollen Rucksäcken nach Hause gehen. Zwei Minuten Nachspielzeit werden angezeigt und Antigua erhält eine letzte Ecke. Diese wird zu kurz geklärt und die darauffolgende Flanke zum 1:0 über die Linie gedrückt. Jubel bei den Zuschauern und die Ultras zünden in Ekstase ihre dritte Rauchbombe. Da hätte sich Municipal fast noch den Punkt ermauert. Kurz darauf ist Schluss und Antigua feiert den Heimsieg. Sofort mit dem Schlusspfiff stürmen mehrere Sicherheitskräfte, die mit Schilden ausgestattet sind, auf das Schiedsrichtergespann zu und umringen dieses. Durch die Schilde abgeschirmt, laufen die Unparteiischen nun zum Kabinentrakt. Das scheint hier ein normales Prozedere zu sein, denn es gibt keinen Grund anzunehmen, dass irgendjemand den Schiedsrichtern an den Kragen will.

Polizeischutz für die Unparteiischen
Polizeischutz für die Unparteiischen

Zusammen mit vielen anderen Zuschauern verlassen wir unsere kleine Tribüne im Estadio Pensativo, während die Antigua-Ultras noch eine Rauchbombe zünden. Nicht auszudenken, wenn die mal höher als 1:0 gewinnen…

2 Kommentare

  1. Ich hätt jo heit nimmi gelacht…….De Guscht in El Salvador, zumindeschd im Geischd, unglaublich! Der Ball brauchd ä Essekännel, odder do kannscht jo Briefmarke druffbabbe war aa sehr beliebt.

  2. Hallo ihr zwei habe mir gerade euren Bericht über das Fußballspiel angesehen. Die Bilder u. das Video sind Klasse.
    Je länger ich den Bericht gelesen habe , könnte man meinen ein Team von Sportreporter oder …..in mit Photograf….in kommentierte dieses Spiel .
    Auch in El Salvador wünschen wir euch bei guter Gesundheit viel Spaß .
    Klaus & Ingrid

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