Faszination Äthiopien: Die Felsenkirchen von Lalibela

Von den Simien Mountains kommend, führt uns unsere Reise weiter über Gonder und Bahir Dar in die heilige Stadt Lalibela. Wenn es so etwas wie das touristische Highlight von Äthiopien gibt, dann sind es die Felsenkirchen von Lalibela. Jede einzelne wurde in rotes, vulkanisches Gestein gemeißelt, stammt aus dem 12. Jahrhundert und zählt seit 1978 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Allen voran die St. Georg Kirche (Bet Giyorgis) kann wohl als Symbol des Landes bezeichnet werden.


Ankunft in Lalibela und Organisation der Tour

Von Bahir Dar erreichen wir Lalibela nach nur einer halben Stunde Flug. Der Weg vom Flughafen in die Stadt ist weiter als erwartet, aber über unsere Unterkunft, dem Blue Nile Guest House, haben wir vorab einen Transfer organisiert. Am Hotel wartet bereits ein Guide auf uns, mit dem wir für den kommenden Tag eine Tour vereinbaren, um die Felsenkirchen von Lalibela zu besichtigen. Insgesamt handelt es sich um zehn Stück, für die die Stadt ein Kombiticket anbietet. Mit 50 USD pro Person ist dies auf den ersten Blick nicht günstig. Allerdings erfahren wir, dass das Ticket fünf Tage lang gültig ist. Man kann sich den Besuch der Kirchen also entweder entspannt aufteilen oder die Kirchen sogar mehrmals besichtigen – auch das ist erlaubt. Das Eintrittsgeld kommt den knapp 1000 Priestern zugute, die in Lalibela leben sowie einem Waisenhaus der Kirche. Der Guide verlangt für seine Dienste 25 USD pro Person. Wir verabreden uns für den kommenden Morgen, 8 Uhr.


Tagestour – Die Felsenkirchen von Lalibela

Da die Kirchen im Zentrum von Lalibela und auch recht nahe beieinander liegen, kann man diese bequem zu Fuß erkunden. Unser erster Weg am Morgen führt uns zum Ticketoffice, wo wir unser Kombiticket für den Besuch der Kirchen kaufen. Den Betrag von 50 USD können wir in der lokalen Währung begleichen, nach einem Ausweis wird nicht gefragt. Im gleichen Gebäude befindet sich auch ein kleines Museum, in dem wir unsere Tour starten. Es erinnert mich stark an die Museen, die wir auch schon in Addis Abeba oder in Aksum besucht haben: man kann die Kronen von Kaisern bestaunen, deren Umhänge, alte Kreuze und Bibeln sowie weitere Gegenstände des einstigen, alltäglichen Lebens.Straßen von Lalibela
Felsenkirchen von Lalibela Ticket

Vom Ticketoffice führt eine Treppe hinauf auf das Gelände, auf dem sich die erste Gruppe von Kirchen befindet. Die Felskirchen sind nämlich in insgesamt drei Gruppen eingeteilt – diese Einteilung entspricht laut Guide deren zeitlicher Entstehung. Bevor wir uns der ersten Kirche widmen, bekommen wir von unserem Guide noch ein paar Hintergrundinfos.

Lalibela hieß nicht immer so. Ursprünglich hieß die Stadt Roha, bis sie nach dem Kaiser Gebra Maskal Lalibela benannt wurde, der ab Ende des 11. Jahrhunderts die Felsenkirchen errichten ließ. Inspiriert dazu wurde er auf seiner Pilgerreise nach Jerusalem, auf der er beschloss, diese Stadt in seiner Heimat zu imitieren und ein entsprechendes „Neu-Jerusalem“ in Äthiopien zu gründen. Wie auch in Aksum, dürfen in Lalibela keine Moscheen errichtet werden, da es sich um einen heiligen Ort und eine Pilgerstätte des Christentums handelt. 23,5 Jahre und 40.000 Arbeiter soll es laut unseres Guides gebraucht haben, die Kirchen aus den Felsen zu hauen. Er selbst ist wie viele andere Gläubige fest davon überzeugt, dass dies nur mit der Hilfe von Engeln möglich war. Tatsächlich fragt man sich, wie es mit bloßer Menschenkraft und spärlichem Werkzeug machbar gewesen sein soll, aus der harten Basaltlava solche beeindruckenden Kirchen zu hauen. Schließlich wurden die Kirchen nicht von unten errichtet, sondern die Gesteinsschichten wurden von oben Stück für Stück mühsam abgeschlagen – und das bis zu 15 Meter tief.


Die Felsenkirchen von Lalibela – Nördliche Gruppe

Die erste Kirche, die wir uns ansehen, ist die Bete Medhane Alem. Hierbei handelt es sich nicht nur um die größte monolithische (freistehende) Felsenkirche von Lalibela, sondern auch der ganzen Welt! Zum Schutz vor Niederschlag und der Sonne ist sie seit ein paar Jahren von einem Dach bedeckt. Außerdem sind einige Säulen im Außenbereich von den Italienern in den 1950er Jahren restauriert worden, nachdem sie durch ein Erdbeben im 16. Jahrhundert stark beschädigt worden sind. Nachdem wir die Kirche einmal umrundet haben, dürfen wir auch eintreten. Wie immer ohne Schuhe. Gut gefallen mir das Deckengewölbe und die Fenster in Kreuzform.

Weiter geht es durch einen kleinen Gang im Felsen zu den nächsten drei Kirchen, die sich auf einem gemeinsamen Areal befinden, das auch mit einem Dach geschützt ist:

  • Bete Maryam
  • Bete Danagel
  • Bete Meskel

Schild zweite Kirchen
Areal zweite Felskirchen

Das Wort Bete bedeutet übrigens „Haus von“. Bete Maryam steht zentral auf dem Areal und ist vermutlich die älteste der Felskirchen. Rechts vor ihr ist ein Wasserbecken in den Felsen eingelassen. Wir nehmen an, dass es sich um ein Taufbecken handelte. Doch tatsächlich ist der Zweck ein anderer: dem Wasser wird eine heilende Wirkung nachgesagt und so nehmen auch heute noch unfruchtbare Frauen hier ein Bad, um ihren Kinderwunsch doch noch Realität werden zu lassen.Bete Maryam

Becken für Unfruchtbare

Bevor wir die Bete Maryam betreten, schauen wir uns zunächst die beiden kleineren Kirchen Bete Danagel und Bete Meskel an. Es handelt sich um zwei der kleinsten Kirchen von Lalibela – und dennoch sind sie im Inneren wie gewohnt in drei separate Bereiche (für Männer, für Frauen, für den Klerus) unterteilt und besitzen drei verschiedene Eingänge. Unser Guide fragt nach, ob wir den Segen von einem Priester erhalten möchten. Da kann man wohl schlecht nein sagen. Auch, wenn ich mir den Teil der Prozedur, bei dem man das metallene Kreuz in der Hand des Priesters dreimal küsst, aus hygienischen Gründen gerne gespart hätte.

Felsenkirchen von Lalibela Segnung

Die Kirche Bete Maryam beeindruckt mich dann vor allem von innen. Sie ist aufwendig verziert, an den Wänden und der Decke findet man unzählige Gemälde, Fresken und Reliefs mit religiöser Bedeutung.

Gemälde Bete Maryam

Fresken Bete Maryam

Wir umrunden das Areal einmal und erklimmen schließlich den Felsen, der das Gelände umgibt, sodass wir einen Blick von oben auf die Kirchen werfen können. In dieser Perspektive finde ich sie noch beeindruckender, denn erst so wird einem richtig bewusst, wie tief die Gotteshäuser in den Felsen gehauen worden sind. Durch einen Gang im Felsen erreichen wir auch schon die nächsten Kirchen sowie das Grab von Adam. Hier ein paar Eindrücke:


Die Felsenkirchen von Lalibela – Westliche Gruppe – Bete Giorgis

Zu Fuß gelangen wir innerhalb weniger Minuten zur nächsten Gruppe der Felsenkirchen von Lalibela. Jedoch besteht diese „Gruppe“ nur aus einer Kirche, die zugleich die wohl bekannteste des Landes ist: Bete Giorgis oder auch Bet Giyorgis. Schon von weitem ist die beeindruckende, berühmte Kreuzform der Kirche zu erkennen. Auf einem Hügel verweilen wir einen Augenblick, bevor wir uns nähern. Bete Giorgis ist ein beliebter Ort für Pilger. An Weihnachten, das in Äthiopien im Januar gefeiert wird, sollen zwischen 10.000 und 20.000 Gläubige hier herkommen!

St Giorgis von oben

Zudem ist es die am besten erhaltene der Felskirchen von Lalibela. Schließlich kommt sie bisher ganz ohne Überdachung und ohne Restaurierung aus. Grund dafür ist unter anderem das Drainagensystem, das Niederschlagswasser von ihrer natürlichen Decke abführt. Wir steigen nun vom Hügel hinab, um uns das Meisterwerk auch aus der Nähe zu betrachten.

Der Eingang ist versteckt und liegt ein paar Meter entfernt: durch einen schmalen Gang bahnt man sich seinen Weg durch den Felsen, bis man vor der Bete Giorgis steht. Im Inneren ist die Kirche überraschend schlicht.Gang durch Giorgis
Giorgis innen

Nun legen wir eine gezwungene Mittagspause ein, denn es ist kurz vor 12 Uhr und damit naht das Mittagsgebet, während dem die Kirchen für Touristen geschlossen sind. Mit einem Tuk Tuk fahren wir zu einem nahegelegenen Restaurant, anschließend können wir zurück in unser Hotel und bis 15 Uhr entspannen.


Die Felsenkirchen von Lalibela – Östliche Gruppe

Um 15 Uhr treffen wir uns wieder mit unserem Guide für den zweiten Teil der Tour. Die östliche Gruppe der Felsenkirchen von Lalibela steht am Nachmittag auf dem Programm. Unter diesen gibt es zwei Gotteshäuser, von denen vermutet wird, sie hätten nicht immer religiösen Zwecken gedient. Grund für die Annahme ist zum Beispiel, dass sie von außen nicht als Kirchen zu erkennen sind. An den Fassaden sind keinerlei christliche Symbole zu finden. Die Gebäuden könnten stattdessen der königlichen Familie als Aufenthalts- oder sogar Zufluchtsort bei Gefahr gedient haben. Dies würde die teilweise versteckten Eingänge erklären.

Spannend ist, dass wir etwa 35 Meter durch einen stockdunklen Tunnel gehen dürfen. Ich meine wirklich stockdunkel – wir sehen nicht mal unsere eigene Hand vor Augen. Um unbeschadet ans andere Ende zu kommen, tasten wir uns mit dem rechten Arm entlang der rechten Wand und mit dem linken Arm entlang der Decke. Sicherlich nichts für Menschen mit Platzangst und auch ich bin froh, als wir nach kurzer Zeit wieder einen Lichtschein sehen und am Ende des Tunnels angelangt sind, wo eine weitere unscheinbare Kirche auf uns wartet.

Es gibt in der dritten Gruppe allerdings auch Kirchen, die als solche klar erkennbar sind. Darunter auch die Lieblingskirche unseres Guides, wie er uns stolz erklärt. Hier residiert wieder ein Priester, der gerne sein Gewand für uns anlegt. Die Küss-das-Kreuz-Prozedur bleibt uns diesmal erspart.

Durch einen schmalen Gang im Felsen erreichen wir die letzte Kirche, die wir uns heute anschauen: die Bete Emanuel. Sie unterscheidet sich von anderem, indem sie nicht von oben, sondern seitlich in den Felsen gehauen wurde. Es handelt sich nicht um eine freistehende Kirche, da lediglich ihre Fassade zu sehen ist – die drei anderen Seiten sind in den Felsen integriert.

Die Tour endet auf einem nahegelegenen Hügel, von dem aus man einen tollen Blick über Lalibela und die bergige Landschaft hat. Sogar einige der Kirchen sind von hier aus zu erkennen. Die Tour endet im Restaurant Ben Abeba, das architektonisch ein Hingucker ist und einen weiten Blick über Lalibelas Umland bietet. Der Sonnenuntergang ist ein gelungener Abschluss.Restaurant mit Aussicht
Sonnenuntergang Lalibela


Unser Fazit – Die Felsenkirchen von Lalibela

Für uns sind die Felsenkirchen von Lalibela das Highlight unseres vierwöchigen Aufenthalts in Äthiopien. Der Eintritt von 50 USD scheint auf den ersten Blick recht hochpreisig – wenn man das Ticket aber mehrfach nutzt (bis zu 5 Tage gültig), relativiert sich der Preis wieder. Auch wir sind zwei Tage nach unserer Tour nochmal zurückgekehrt zu der Kirche, die uns am meisten beeindruckt hat: Bete Giorgis. Etwa eine Stunde saßen wir ungestört oberhalb der Kirche im Schatten und haben einfach nur das Geschehen beobachtet.

enjoy your journey!

Ein Kommentar

  1. Hallo Ihr Beiden,
    bin wieder total begeistert vom neuesten Beitrag.
    es ist doch irre was Menschenhand so fertig gebracht hat.
    Ich glaube, das Restaurant hätte Hundertwasser auch gefallen.
    Euch weiterhin alles Gute und bleibt gesund.
    Ich bleibe neugierig…
    Liebe Grüße
    Edda

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