Wenn der Dschungel erwacht: Zum Sonnenaufgang nach Tikal

Das nächste Land, das auf uns wartet, heißt Guatemala. Bei uns gerade durch den jüngsten Ausbruch des Volcán de Fuego in den Medien präsent, hat das Land doch so viel mehr zu bieten, als negative Schlagzeilen. Das Hochland im Süden zum Beispiel lockt mit der malerischen Stadt Antigua oder dem idyllischen Lago Atitlán. Im Osten versprechen Bootstouren auf dem Río Dulce Abenteuer. Allen voran jedoch: die bekannte Mayastätte Tikal nahe Flores im Norden des Landes. Und genau das soll unser erstes Ziel sein.

Von Hopkins kommend, überqueren wir die Grenze über Land in der Nähe von Benque Viejo del Carmen (Belize). In Melchor de Mencos (Guatemala) angekommen, werden wir sofort von einigen Taxifahrern angesprochen, die uns für 300 GTQ (Guatemaltekische Quetzales) ins 90 km entfernte Flores bringen wollen. Das sind umgerechnet über 30 EUR und wir sind uns sicher, dass der lokale Bus bzw. Colectivo nur ein Bruchteil davon kosten wird. Wenn du die Straße bis zur Ampel weiter geradeaus gehst, führt links eine Straße rein – hier fahren die Colectivos nach Flores ab und wir bezahlen zu zweit nur 60 GTQ. Auch, wenn einem auf dem Weg zum Bahnhof weitere Taxifahrer eine Fahrt anbieten: standhaft bleiben lohnt sich also!

Knapp zwei Stunden später erreichen wir das „zweigeteilte“ Flores: Ein kleiner Teil der Stadt ist als Halbinsel auf dem zweitgrößten See des Landes, dem Lago Petén Itza, gelegen. Hier befindet sich auch der Großteil der touristischen Infrastruktur mit Unterkünften, Restaurants, Bars, Souvenirläden und Tourveranstaltern. Der Busbahnhof liegt jedoch auf dem Festland und der Fußweg zur Insel über die Brücke kann – besonders in der Mittagshitze und mit Gepäck – anstrengend werden. Zum Glück gibt es in Guatemala Tuk Tuks! Für gerade mal 10 GTQ (etwas mehr als 1 EUR) wird man auf die Insel gebracht.

Nachdem wir unsere Unterkunft bezogen haben, machen wir einen ersten Spaziergang und wollen uns über die Sunrise Tour zu den Tempeln von Tikal informieren. Diese Tour hat Markus bereits vor über vier Jahren schon mal unternommen und war davon so angetan, dass er bereit ist, sie nochmal mit mir zu machen. Vor allem von seinem damaligen Guide war er begeistert und so versucht er, den gleichen Veranstalter wiederzufinden. Auf der Straße werden wir sofort von einem Mitarbeiter der unzähligen Agenturen angesprochen, die alle Ausflüge nach Tikal anbieten. Markus mustert ihn eine Weile und traut dann seinen Augen nicht: Das ist der Guide von damals! Das kann kein Zufall sein. Allerdings ist Manuel derzeit nicht mehr als Guide tätig, sondern arbeitet nun im Büro des Veranstalters Balam AdvenTours.Balam Adventours
Bei ihm buchen wir unsere Sunrise Tour direkt für den folgenden Tag. Oder besser gesagt, die folgende Nacht. Denn die Tour startet in Flores um 03:00 Uhr am Morgen… Die Tickets für den Eintritt für Tikal (150 GTQ p.P.) plus zusätzlich für den Sonnenaufgang (100 GTQ p.P.) kauft man sich selbst in der Bank von Flores. Dem Veranstalter zahlen wir 100 GTQ p.P. für den Transport.

Aufbruch in der Nacht

Müde Gesichter finden sich kurz vor 3 Uhr am Treffpunkt auf der Insel ein und in einem Kleinbus geht es ins 60 km entfernte Tikal. Nachdem dort unsere Tickets gegen Armbändchen getauscht wurden, steht eine Wanderung durch den dunklen Dschungel an. Da wir etwas spät dran sind, müssen wir uns leider ziemlich abhetzen, um rechtzeitig den Tempel Nr. 4 zu erreichen, von wo aus wir den Sonnenaufgang beobachten wollen. Völlig außer Atem kommen wir nach einer halben Stunde oben an und nehmen neben den anderen Besuchern auf den Stufen Platz – erstmal verschnaufen. Der Ausblick ist mystisch, einige der Ruinen, die aus dem Wald ragen, sind noch in Nebelschwaden gehüllt.

Es dämmert nun langsam und erste Vögel sind in den Baumwipfeln unter uns zu hören. Bald setzen auch die Brüllaffen ein. Von Minute zu Minute werden die Tiere des Dschungels lauter. Allmählich kann man auch den Umriss der Sonne erkennen. Es ist überraschend klar: Eigentlich ist es gerade in der Regenzeit aufgrund des Morgennebels unwahrscheinlich, den Aufgang der Sonne sehen zu können. Doch heute scheint ein guter Tag zu sein.Sonnenaufgang Tikal

Unterhalb der Stufen des Tempels kreuzt ein Coati (Nasenbär) und kurz darauf entdecke ich in der Ferne ein paar Tucane von Baum zu Baum fliegen. Die Sonne zeigt sich bald auch in ihrer vollen Pracht. Ein toller Start!Sunrise Tikal

Führung durch die antike Mayastätte

Nachdem die Sonne aufgegangen ist, beginnt die geführte Tour, zu der wir in eine spanisch- und eine englischsprachige Gruppe aufgeteilt werden. Laut unseres Guides war es das erste Mal seit zwei Wochen, dass man den Sonnenaufgang so gut sehen konnte. Wir Glücklichen!

Wir beginnen mit der Erkundung des weitläufigen Gebiets von Tikal, auf dem mehrere Tempel, ehemalige Paläste und Plätze auf uns warten. Der Guide versorgt uns mit vielen Informationen, schließlich wurde er in der Stadt von Tikal geboren. Die ersten Siedlungsspuren reichen bis 900 v. Chr. zurück! Lange Zeit gingen Wissenschaftler davon aus, dass zu Hochzeiten in der antiken Stadt 150.000 – 200.000 Menschen lebten. Doch gerade erst im Jahr 2018 brachte die neueste Laser-Technik 60.000 Gebäude mehr zum Vorschein, als ursprünglich angenommen. So wurde die geschätzte Einwohnerzahl auf 1 Million nach oben korrigiert. Neben historischem und archäologischem Wissen, kennt sich unser Guide bestens mit der lokalen Tier- und Pflanzenwelt aus. Die Kombination gefällt uns sehr gut.

Anhand der nächsten Pyramide „Mundo Perdido“ (Verlorene Welt), die wir uns ansehen, erkennt man bereits, wie durchdacht der Bau der Tempel von den Maya war. Lage, Größe und Winkel – hier ist alles zentimetergenau an der Sonne und dem Maya-Kalender ausgerichtet, nichts wurde dem Zufall überlassen. Auf dem folgenden Foto konnten wir einen Sonnenstrahl einfangen, der vom Tempel zurückgeworfen wird.Tempel Tikal

Von oben hat man einen tollen Blick auf die umliegenden Ruinen:Blick auf weitere TempelAusblick auf weitere Tempel

Beim Hinabsteigen über die hölzerne Treppe entdecke ich einen weiteren Nasenbär. Und dann stelle ich fest, dass es sich um eine ganze Herde mit vielen Jungtieren handelt!

Nur kurze Zeit später erspäht unser Guide ganz in der Nähe auch schon das nächste beeindruckende Tier auf einem Blatt: eine kleine Baumschlange.tree snake

Weiter geht es durch den Dschungel, wo wir erneut auf Tukane und einen farbenprächtigen Specht treffen.Specht

Vorbei am Palacio de las Ventanas nähern wir uns dem Großen Platz von Tikal, der von den Tempeln Nr. 1 und 2 eingerahmt wird.

Blick auf Tikal

Übrigens: Wenn man auf dem Großen Platz genau mittig zwischen den beiden Tempeln steht und in die Hände klatscht, hallt ein Echo zurück. Dieses klingt wie der Ruf des Quetzals, dem Nationalvogel Guatemalas, der gleichzeitig auch der Währung ihren Namen verleiht. 😉

Gegen kurz vor 10 Uhr endet die Tour und es bleibt einem freigestellt, ob man mit dem ersten Shuttle um 11 Uhr zurück nach Flores fahren oder das Gelände nochmal eigenständig erkunden möchte. Ausnahmslos alle aus unserer Gruppe entscheiden sich für den Rücktransport. Das Aufstehen mitten in der Nacht, die Wanderung durch den Dschungel und die Hitze hat allen sichtlich zugesetzt. Die Zeit bis zur Abholung verbringen wir in dem Restaurant nahe des Eingangs, außerdem bietet sich ein angeschlossener Kunsthandwerksmarkt zum Souvenir-Shopping an.

Unser Fazit zur Tikal Tour

Genau wie auch schon Markus vor vier Jahren, bin auch ich von der Tour nach Tikal begeistert. Ja, wir haben den Wecker um 2 Uhr morgens verflucht – aber das Aufstehen lohnt sich. Sobald man auf den Treppenstufen des Tempels sitzt, sind die schweren Augen vergessen. Der Sonnenaufgang und insbesondere das Erwachen des Dschungels mit all seinen Geräuschen bleiben in Erinnerung. Für uns ist die Tour, wenn auch anstrengend, eine gelungene Kombination aus Archäologie und Tierwelt. Wir würden es wieder tun!

enjoy your journey!

6 Kommentare

  1. Diesmal sind die Bilder besser ?. Zum Glück hat sich Lisa einen ? gewünscht. Aber wir konnten es uns schon damals gut vorstellen, als wir die Brüllaffen vom Handy hörten. War das nicht der Ausflug mit den Spinnenlöchern?

    1. Stimmt, die Kamera hat sich tatsächlich gelohnt. Und du hast recht, das war der Ausflug mit den Spinnenlöchern. Auch diesmal haben wir einige davon im Boden mit Netz davor gesehen. Zum Glück mit genügend „Sicherheitsabstand“…

  2. Hallo Lisa, hallo Markus,
    da lese ich ja sozusagen gerade eure brandaktuellen Posts 🙂 Plane gerade eine Reise nach Guatemala, wenn auch „nur“ für drei Wochen, aber immerhin. Liest sich gut, was ihr schreibt, da bin ich schon gespannt, was mich erwartet.
    Wünsch euch noch viel Spaß und tolle Erlebnisse.
    LG aus der Heimat 🙂
    Stefan

    1. Hallo Stefan, wie schön! Wir sind uns sicher, dass man in drei Wochen in Guatemala schon recht viel sehen kann. Viel länger werden wir wahrscheinlich auch nicht im Land bleiben, bevor es weiter nach El Salvador geht. Gerne halten wir dich weiter auf dem Laufenden, welche Fleckchen wir besuchen. Für wann planst du denn deine Reise? LG – aktuell aus Antigua 🙂 Lisa und Markus

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